Ready for Retrofit Rollout

STRATEGIEN FÜR DIE DIGITALE NACHRÜSTUNG

by Marc Gille

Schon in meinen vorherigen Blogs Digitalisierung – Wer zahlt’s? Wer verdient? und Warum eine Immobilie eine Turing-Maschine werden muss hatte ich ja den quantifizierbaren Nutzen von Digitalisierungsinitiativen für die verschiedenen Portfoliohalter erläutert. Zur Erinnerung:

  • Corporate Real Estate Managers (CREMs) profitieren mit besserer Flächen- und Ressourcenausnutzung sowie höherer Mitarbeitereffizienz und höherem Komfort.

  • Immobilienentwickler stellen das Gebäude fertig digitalisiert für die Bestandshalter zur Verfügung und erhöhen so den Verkaufswert.

  • Asset Manager stellen den nachhaltigen Betrieb ihrer Gebäude sicher, können besser und sogar präventiv warten und machen ihre Immobilien durch ‚Digital Readiness‘ attraktiv für ihre Mieter.

  • Facilities Manager können Dienstleistungen günstiger, hochwertiger oder manche Dienste überhaupt erstmalig anbieten.

Wir hatten auch gesehen: die Investitionen des einen helfen dem anderen – und lassen sich damit ggf. mehrfach monetarisieren.

Alle müssen jedoch das Kosten/Nutzenverhältnis darstellbar machen und Investitionen rechtfertigen. Für CREMs, AMs und FMs stellt sich als Bestandshalter die Frage: Wie digitalisiere ich denselben? Und das so, dass ich die ‚Economies of Scale‘ eines digitalen Nachrüstungsplans über das gesamte Portfolio hebeln kann, ohne für jede Liegenschaft spezifisch vorgehen zu müssen.

Auf Softwareseite ist das einfach: Ein Gebäudebetriebssystem wie Thing-it braucht da pro Liegenschaft nur die entsprechenden BIM-Daten – und der erste Schritt für viele Digitalisierungsfunktionen wie Raum-, Arbeitsplatz- und Parkplatzbuchung oder Indoor/Outdoor Wayfinding ist getan. Moment! BIM-Daten haben wir doch für den Bestand nur sehr selten? Kein Problem: Dank Künstlicher Intelligenz lassen sich wesentliche BIM-Daten leicht aus Grundrissen – selbst wenn verblichen und verschmiert – extrahieren und wo nötig digital nachbearbeiten.

Die wesentlichen Nachrüstungskosten entstehen auf der Hardwareseite – also bei der Integration von modernen Sensoren und Aktoren für die verschiedenen Szenarien und der Notwendigkeit diese stromversorgungs- und datenseitig anzubinden.

Existierende Gebäude(leit)technik

Viele, selbst ältere Bestandsgebäude verfügen über eine Menge an Gebäudetechnik. Tatsächlich ist ja der Trend Primäranlagen bei Neubauten sogar eher schlank auszulegen. Die Gebäudetechnik ist aber natürlich digital. Computer und digitale Mess-, Steuer- und Regeltechnik gibt es ja schon länger als Internet und Smartphones. Auch wenn die verwendeten Protokolle teilweise schon etwas ‚verstaubt‘ sind, lässt sicher der ganze Zoo von DALI, m-Bus, modbus, KNX etc. in der Regel gut mit einfachen Adaptern auf den Amtsinhaber BACnet homogenisieren – oder das ist längst geschehen. Die entsprechenden Datenströme dann noch in die Cloud, vielleicht auf Mobiltelefone und zurück zu befördern ist kein Hexenwerk.

Neue Beleuchtungstechnik

Eine zwar etwas größere Nachrüstaktion - aber in vielerlei Hinsicht spannend - ist der Austausch der Beleuchtung. LEDs will man als Energiesparmaßnahme ohnehin und die Steigerung des Comforts über Human-centric Lighting macht die Initiative noch attraktiver. Da die LEDs mit Niederspannung und mit geringer Leistungsaufnahme betrieben werden können und weil ohnehin intelligent gesteuert werden soll, bietet sich eine Versorgung über Datenkabel mit Power over Ethernet (PoE) oder ähnlichen Ansätzen an. Da dann ohnehin schon Daten fließen und weil ‚oben‘, - also in der Decke - auch meist ein guter Platz dafür ist, liefern Hersteller wie Signify oder wtec gleich auch Sensorik mit, die sich über das Ethernet-Kabel an Stromversorgung und Datenaustausch anbinden lassen.

Und weil man dann schon mal Strom in der Decke hat, enthalten die Leuchten neben den Sensoren auch – die häufig fälschlicherweise auch als Sensoren bezeichneten - Bluetooth Beacons, die nichts anderes machen als Kennungen ähnlich wie die von einem GPS-Satelliten aussenden und damit Positionierung von Personen (genauer deren Mobilgeräten) im Gebäude oder die Markierung sogenannter Points of Interest (‚Diese Spülmaschine hier bedient man wie folgt‘) ermöglichen. Das funktioniert zwar nicht ganz so gut wie GPS-Positionierung aber die Betriebssystemhersteller Apple und Google unterstützen diese Technologie akribisch und die Positionierungsmodule in Apps wie Thing-it haben hier mittlerweile sehr gute Akkuratesse erreicht. Auch kann man mit sogenannten Bluetooth Meshes auch Gegenstände im Gebäude wie Beamer, Werkzeuge oder Krankenhausbetten tracken.

Übrigens kann man auch mit Licht positionieren: Hersteller wie Signify unterstützen mit ihrer Visual Light Communication (VLC) das Aufmodulieren von Daten auf das Sichtbare Licht. Damit kann ein Mobiltelefon bis auf 30 cm genau seine Position ermitteln. Der Nachteil: die Kamera muss an und die App im Vordergrund sein, was für viele Anwendungsfälle im Office- und Retail-Umfeld jedoch akzeptabel sein mag.

Der IoT-Dschungel und das Funkkataster

Ein großer Anteil insbesondere der modernen Sensorik lässt sich aber gar nicht so leicht und günstig strom- und datenmässig verkabeln. Man hat vielleicht gerade keine LED/PoE-Ambitionen oder das Kabel zum Raumbediengerät, Schreibtisch, zum Seifenspender oder in den Mülleimer ist einfach nicht machbar. Hier bieten sich dann Funkprotokolle wie EnOcean, LoRa, Zigbee und Bluetooth – oder auch proprietäre Ansätze wie Disruptive Technologies an. Die Krux: Eine Stromversorgung über Radiowellen – daran hatte sich schon der geniale Nikola Tesla mit seinem Wardenclyffe Tower versucht – ist nicht praxistauglich. Das Stromkabel lässt sich also nicht so leicht eliminieren.

EnOcean verfolgt hier einen sehr eleganten Ansatz: Die notwendige Energie zum Betrieb der Aktorik – und Sensorik wird aus Umgebungsenergiequellen gewonnen: aus Sonnen- oder Bürolicht, aus der Wärme einer Heizung oder sogar piezoelektrisch aus der mechanischen Energie bei Betätigung eines Lichtschalters. Diese Technologie haben die EnOzeanier in einem großen Ökosystem an Sensorherstellern etabliert, so dass man für fast alles Erdenkliche einen Sensor oder Aktor bekommt. Und wenn es den noch nicht gibt – Elektronik wird ja heute fast so agil entwickelt wie Software.

Ran an den Retrofit-Speck

Wie man sieht, stehen mit Anbindung der existierenden Gebäudetechnik, Funktechnik à la EnOcean und einer Erneuerung der Beleuchtungstechnik mit LED/PoE leistungsfähige Ansätze zur Verfügung, die sich leicht und auch mit moderaten Kosten auf den Bestand ausrollen lassen – gleich wer der Bestandshalter auch sein mag. Solche Rollout-Maßnahmen muss der Bestandshalter auch nicht selbst planen und organisieren: Unternehmen wie e-shelter security, GMS oder sogar der Branchenriese BOSCH bieten solche Rollouts für Thing-it als Generalunternehmer an. Eine digitale Nachrüstung kann daher vielleicht effizienter umgesetzt werden als so manche Impfstrategie …

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